Mittwoch, Januar 10, 2007

Relikt

Das nachstehende Gedicht von Mascha Kaléko habe ich vor mehr als 25 Jahren mal im Magazin (weiss noch jemand, was das damals war ?) gefunden. Das hat mir damals gut gefallen. Soeben bin ich beim Stöbern im Netz wieder darüber gestolpert. Ist immer noch schön...











Wenn einer fortgeht
Mascha Kaléko

Wenn einer fortgeht, gibt man sich die Hände,
Am Bahnhof lächelt man so gut es geht.
Wie oft sind unsrer Sehnsucht Außenstände
Mit einem D-Zug schon davongeweht ....

Wenn einer fortfährt, steht man zwischen Zügen,
Und drin sitzt der, um den sich alles dreht.
Man könnte dieses "alles" anders fügen
Durch einen Blick, ein Wort vielleicht. - Zu spät.

Wenn einer fortfährt, geht das Herz auf Reisen
Und treibt sich irgendwo allein herum.
Es ist schon manchmal schwer, nicht zu entgleisen:
Die klügste Art zu reden bleibt doch: stumm.

Wenn einer fortging, kann man nichts vergessen,
Und jeder Tag ist ein Erinnerungsblatt.
Wenn einer fortgeht, braucht man nichts zu essen,
Man wird so leicht vom Tränenschlucken satt.

Wenn einer fort ist, gibt es Ansichtskarten
Und ab und zu mal einen dicken Brief.
Ein schweres Verbum ist das Wörtchen "warten"
Und "lebe wohl!" ein Schluß-Imperativ ...

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo,
habe dieses gedicht kürzlich in einem gedichtbändchen gelesen, konnte mich aber nicht erinnern, woher ich es kenne. jetzt weiß ich es wieder!
M.